Schnappauf |
Epitaph der Geschwister Schnappauf |
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Die Inschrift ist unter formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten interessant: |
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Hic
Cum pijs Parentibus
Diu praedefunctis
quiescunt
in Uno
SEPTEM
Quorum,
Dum una viverent,
fuit
Corunum & Animauna
rarointerfratres
Sororesque exemplo
Tu
Qui trinus et Unuses
DEUS,
Daeis in Te Uno
Quies salus, resurrectio & vita,
Requiem & vitam aeternam.
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Hier
- zusammen mit ihren frommen Eltern,
die schon lange verschieden sind -
ruhen
in einem (Grabe)
SIEBEN,
die,
solange sie zusammen lebten,
gewesen sind
ein Herz und eine Seele,
als seltenes Beispiel unter Brüdern
und Schwestern.
Du,
der du der dreieinige und einzige
Gott bist,
gib ihnen in dir einzigem,
der du das Heil, die Auferstehung und das Leben bist,
Ruhe und ewiges Leben.
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Inhalt der Inschrift |
Die Inschrift ist deutlich durch den christlichen Glauben geprägt: |
dreieiniger Gott (trinus) kennzeichnet den christlichen Gott als einen Gott in den drei Personen Gott Vater, Gott Sohn (Jesus Christus) und heiliger Geist. Die Lehre von der Trinität (Dreifaltigkeit) entwickelte sich erst im Laufe der Kirchengeschichte und wurde auf dem Konzil von Nizäa (325) festgelegt. | ||
Heil und Auferstehung (salus et resurrectio): Jesus hat im Auftrag Gottes Menschen geheilt, wie es in Matthäus 9,27-33 steht; von der Auferstehung Jesu, der zentralen christlichen Glaubenswahrheit, wird zum Beispiel in Markus 16 berichtet. Die Auferstehung der Toten (1 Korinther 15, 12-58) ermöglicht den Eingang der Menschen in das ewige Himmelreich, dadurch erhalten sie ewiges Leben. | ||
Leben (vita): Gott ist der Schöpfer allen Lebens (Schöpfungsgeschichte 1 Mose 1 u. 2) , also ist er das Leben. | ||
einziger Gott (unus): Das 1. der 10 Gebote aus 2 Mose 20,3 lautet: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Bereits die Israeliten verehren nur einen einzigen Gott. Hier liegt der Ursprung des Eingottglaubens (Monotheismus) des Juden- und Christentums und auch des Islam. | ||
Beschreibung des Epitaphs |
Das Epitaph (1,12 m x 0,62 m) ist wahrscheinlich im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts entstanden und besteht aus schwarzem Marmor. Die Schrift ist in humanistischen Minuskeln eingehauen. Die Inschrift besitzt die Form einer Tartsche [1] und befindet sich auf einem simsartigen Sockel. Unterhalb dieses Sockels ist ein Totenkopf angebracht, was ein typisches Kennzeichen einer Grabinschrift darstellt. Über dem Totenkopf befinden sich zwei Flügel, über denen sich zwei Schwerter kreuzen. Zwei Rocaillen (geschwungene Bögen) bilden eine seitliche Zierde. Oberhalb der Inschrift befindet sich das Familienwappen, ein fünfstrahliger Stern, dem ein Kreuz entwächst. Über diesem Vollwappen ruht ein Helm mit Helmzier, die aus Büffelhörnern und Wappen besteht. Dahinter ist ein Tuch, die sogenannte Helmdecke, gespannt. Auf ihr liegen zwei Trompeten. |
Die Familie Schnappauf |
Johann Dominikus Schnappauf (5.5.1654-18.7.1697) heiratete am 06.05.1680 Eva Maria Utz, mit der er acht Kinder hatte: |
1. Maria Kunigunda Theresia | |
2. Anna Maria Augusta (07.08.1682-25.02.1740) | |
3. Johann Josef (13.03.1684-12.05.1745) | |
4. Georg Joachim (15.02.1686) | |
5. Anna Katharina (01.08.1688-21.02.1739) | |
6. Maria Anna Theresia (01.08.1688-20.03.1749) | |
7. Maria Elisabeth (17.08.1691-23.04.1741) | |
8. Maria Barbara (22.05.1693-02.11.1762) | |
Über das erste Kind, Maria Kunigunda Theresia, sind keinerlei Daten zu finden, auch spricht die Inschrift nur von sieben Kindern. Dies lässt die Vermutung zu, dass das Kind bei oder kurz nach der Geburt gestorben ist oder durch die Familie verstoßen wurde. |
Johann Josef wurde wegen seiner Studien an den kaiserlichen Hof berufen. Zur Belohnung seiner Tugend und Wissenschaft wurde die Familie Schnappauf von Kaiser Karl VI am 07.02.1726 in den Ritterstand erhoben. |
Die Geschwister Schnappauf wohnten in dem Haus Karolinenstr. 9. Mit dem Tod der Maria Barbara Schnappauf am 2.11. 1762 trat die testamentarisch verfügte Priesterhausstiftung in Kraft; am 2. 8.1763 konnten 3 Priester das Haus in der Karolinenstr. 9 beziehen. |
Bamberg, Karolinenstraße 5. Das Gebäude war das Wohnhaus der Geschwister Schnappauf; nach deren Tod war hier die Priesterhausstiftung untergebracht. |
Am 12.11. 1776 eröffnete einer der Priester, der Kaplan Johannes Gerner, im Stiftungshaus eine Schule zur Lehrerfortbildung. |
Pfarrhaus der Oberen Pfarre. Am 4.5.1790 wurde das Schnappaufsche Priesterhaus in den neu errichteten linken Flügel verlegt. |
In dem bisherigen Priesterhaus wurde am 25.7.1791 ein Schullehrerseminar eingerichtet. 1805 - nach der Säkularisation - zog das Schullehrerseminar in das ehemalige Waisenhaus (heute Unterer Kaulberg 30). |
Ehemaliger Standort des Epitaphs |
Die Inschrift war bis 1806 in dem Franziskanerkloster St. Anna an der Säule neben dem Altar angebracht. Das Franziskanerkloster befand sich auf dem Gelände des heutigen Vermessungsamtes an der Schranne. |
Der Orden der Franziskaner, ein Bettelorden, wurde 1209 durch Franz von Assisi (1181-1226) gegründet. 1221 gab es erste deutsche Niederlassungen, wobei 1223 der Konvent in Bamberg, auf dem Gelände des Siechenhauses in der Hallstadter Straße gegründet wurde. |
Nach der Aufhebung des Templerordens 1313 gingen dessen Kirche und das Kloster an der Schranne in den Besitz der Franziskaner über. (König Phillip von Frankreich klagte 1307 die Templer der Ketzerei an, da er an deren Besitztümern interessiert war und bei ihnen Schulden hatte. Der Orden wurde auf Grund der Beweislage für schuldig erklärt, zusätzlich übte der König Druck auf den Papst aus, so dass Papst Clemens V. gezwungen war den Orden 1313 aufzuheben.) |
Bamberg: Ehemaliges Franziskanerkloster St. Anna. Ansicht von Norden. Zeichnung um 1810, wahrscheinlich von Philipp Joseph Kraus. |
Quellen: |
BREUER, T. u. GUTBIER, R.: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Bürgerliche Bergstadt. 1. Halbbband. Bamberg: Bayer. Verlagsanstalt, 1997; S. 275; 330-331; 356 (Zeichnung des Franziskanerklosters); S. 926. |
(Wir danken Herrn Reinhard Gutbier für die Einsicht in bisher unveröffentlichte Aufzeichnungen und seine mündlichen Auskünfte am 05.02.2003.) |
HAAS, N.: Bamberg 1992: Die Grabmäler in und an der Kirche zu Unseren Lieben Frauen Pfarre zu Bamberg. Bamberg, 1992; S. 58-59. |
Anmerkungen: |
[1] |
Die Tartsche ist die für den Lanzenkampf optimierte Form des Schildes. Sie kam im 14. Jahrhundert auf und bedeckte nur den Oberkörper. An der Seite gab es einen Ausschnitt zum Einlegen der Lanze. Die Oberfläche wurde meist mit den heraldischen Symbolen des Schildträgers bemalt. - Die Tartsche ist nach dem bereits ab dem 12. Jahrhundert verwendeten Dreieckschild die älteste Form des Wappenschildes. Das Dreieckschild bedeckte den Körper bis zur Schulter und wurde an einem Band um den Nacken getragen. |
Die Schnappaufsche Inschrift trägt die tartschentypische Aussparung, die hier zu einem dekorativen Element verkommen ist, zwischen Zeile 10 und 11 - allerdings aus symmetrischen Gründen auf beiden Seiten. |
[2] |
Säkularisation = Verweltlichung, d.h. die Loslösung des Einzelnen oder der Gesellschaft aus den Bindungen an Religion oder Kirche; auch: Enteignung des kirchlichen Eigentums. |